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Territorienbildung

Weder Königtum noch ein starkes Stammesherzogtum konnten nach dem Sturz Heinrichs des Löwen, nach dem Scheitern Ottos IV., im Nordwesten herrschaftsbildend wirken. Etwa 40 Herren hatten im Gebiet des heutigen Niedersachsen die Macht unter sich verteilt, große Fürsten, Bischöfe, die zugleich Landesherren waren, und nicht zuletzt zahlreiche Grafen und Edelherren. Nur wenige dieser letztgenannten Dynastengeschlechter haben das Mittelalter überlebt, haben, wie die Schaumburger, die Grafen von Diepholz oder von Hoya, eine regionale Identität stiften können. An die Grafen von Wölpe, von Roden Wunstorf, von Spiegelberg, Hallermund und viele andere erinnert nur noch wenig, und doch haben sie fehdeführend und herrschaftsbildend die Geschichte Niedersachsens im Umbruch vom Mittelalter zur frühen Neuzeit stärker bestimmt als die Fürsten. Dieser Dynastenstand war durch Kriege ebenso in seiner biologischen Substanz geschwächt worden wie durch die Praxis, Söhne und Töchter mit reichen kirchlichen Pfründen zu versorgen. Die meisten Dynastenfamilien starben deshalb aus. Im östlichen Niedersachsen ziehen daraus die Welfen territorialen Nutzen.

Löwe als bronzene Freifigur  
Abb. 8: Heinrich der Löwe ließ als Zeichen seiner Macht und Gerichtsbarkeit einen Löwen als bronzene Freifigur gießen.

Die Welfen: Das Eigengut, das alte Hausgut der Billunger und Northeimer Grafen, hatte Heinrich der Löwe, hatten seine Nachfolger behaupten können, es bildete den Kern des 1235 von Kaiser Friedrich II. gegründeten Herzogtums Braunschweig Lüneburg. (Schon der ungewöhnliche Name zeigt, daß diese Gründung in der deutschen Verfassungsgeschichte ein Eckdatum in der Entwicklung vom übergreifenden Stammesherzogtum zum territorialisierten Dukat darstellt.)

Die Machtgrundlage hätte ausgereicht, den Welfen einen dominierenden Einfluß in angrenzenden Regionen zu sichern, doch Herrschaftsteilungen – zeitweise bestanden fünf welfische Herzogtümer nebeneinander – zersplitterten einerseits die politische Macht der Welfen, sicherten andererseits aber auch das Überleben dieser ältesten noch existierenden deutschen Dynastie. Durch Zersplitterung ihrer Macht verlor diese fast für drei Jahrhunderte ihren Rang als europäische Dynastie, war nicht mehr mit den großen Familien Europas versippt und verschwägert, sondern mit ihren Nachbarn, Heiratsverbindungen mit Grafengeschlechtern nicht verschmähend. Jedoch wurde, was an europäischem Einfluß verlorenging, an territorialer Macht gewonnen. Die Welfen wurden als Erben die großen Nutznießer des Dynastensterbens, was sich am deutlichsten in den Jahren 1582 und 1585 zeigte, als ihnen mit dem Erbe der Grafen von Hoya bzw. von Diepholz der Schritt über die Weser nach Westen gelang.

Geschichte - Territorien
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